Peter Handke und der Literatur-Nobelpreis

Erklärung deutsch- und anderssprachiger Autor/innen, Literaturwissenschaftler/innen, Publizist/innen, Übersetzer/innen sowie weiterer

Die Kritik an Peter Handke hat längst den Boden vertretbarer Auseinandersetzungen unter den Füßen verloren, sie besteht fast nur noch aus Hass, Missgunst, Unterstellungen, Verzerrungen und ähnlichem mehr, sie ist zu einer Anti-Handke-Propaganda verkommen, der jedes Mittel Recht ist, um gegen Peter Handke Recht zu behalten. Hämisch wurde die vom Suhrkamp Verlag veröffentlichte Richtigstellung der zumeist falsch wiedergegebenen Äußerungen Handkes quittiert.

Zuletzt gingen ausgerechnet Qualitätsmedien sogar soweit, die Berechtigung Handkes zur österreichischen Staatsbürgerschaft anzuzweifeln. Eine „Amtsauskunft“ – auf welcher Rechtsgrundlage eigentlich? – über Peter Handke wurde eingeholt und die Möglichkeit zur Aberkennung seiner Staatsbürgerschaft in den Raum gestellt. Ein ihm zur Reisefreiheit vor 20 Jahren ausgestellter jugoslawischer Reisepass soll dafür den Ausschlag geben. Man will offenbar aus Handke mit aller Gewalt einen „serbischen Staatsbürger“ oder ihn staatenlos machen.

Es ist beschämend und erbärmlich, wie hier vorgegangen wird. Es ist bestürzend, welcher Hass sich über einen Autor und sein Lebenswerk ergießt, der konsequent und radikal ohne erkennbaren Vorteil für sich selbst, vielmehr sogar noch zum eigenen Schaden, die Autonomie seiner schriftstellerischen Existenz gegen die an ihn und alle anderen Schriftsteller/innen gerichteten Erwartungshaltungen behauptet.

Die Anti-Handke-Propaganda rechnet nicht nur mit Handke ab, sie rechnet mit jedem störenden Einfluss in öffentlichen Auseinandersetzungen von Autorenseite ab. Es wird ein Machtanspruch über jeglichen Versuch selbständiger Sichtweisen gestellt. Gegen diese mediale Hetze gegen Peter Handke und die Autonomie des Schriftstellers / der Schriftstellerin setzen wir uns mit allem Nachdruck zu Wehr.

Wir haben uns in der Vergangenheit nicht mit unseren ausgebürgerten Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern solidarisiert, um eine angezettelte Ausbürgerungsdebatte um Peter Handke bei uns widerspruchslos zu übergehen. Wir haben uns nicht gegen propagandistische Diffamierungen und Diskreditierungen dissidenter Autorinnen und Autoren in anderen Ländern ausgesprochen, um gegen solche Attacken auf einen Autor bei uns zu schweigen.

Wir fordern alle an der Debatte Beteiligten dringend dazu auf, sich an den unmittelbar auf Handke zutreffenden Fakten zu orientieren, anstatt über den Umweg einer Diskussion über Peter Handke die versäumte Auseinandersetzung mit einem außerhalb der betroffenen Länder ansonsten ganz und gar verdrängten Kapitel jüngerer europäischer Geschichte nachzuholen. Der Wille zur Illiberalität selbst bei sich für liberal haltenden Medien ist nur noch erschreckend.

Wir laden alle Kolleginnen und Kollegen dazu ein, sich mit uns gemeinsam gegen diese Form der Auseinandersetzung zu wenden und der Erklärung beizutreten.

Klaus Kastberger, Werner Michler, Teresa Präauer, Julya Rabinowich, Doron Rabinovici, Gerhard Ruiss, Daniel Wisser ...

Weitere Unterstützungen: Gerhard Ruiss, gr@literaturhaus.at